Pazifismus jetzt!

Zwei offene Briefe sind an den Kanzler gerichtet (hier und hier). Beide machen sich Sorgen um den russischen Krieg. Beide wollen das sinnlose Töten so schnell wie möglich beenden. Beide wollen die Gefahr einer Eskalation und eines russischen Angriffs auf andere Länder und nicht zuletzt auf Deutschland und die EU vermeiden. Beide setzen sich vehement und engagiert für den Frieden in der Ukraine ein.

Und doch fordern die beiden Briefe exakt Gegenteiliges: Der eine fordert, mehr Waffen in die Ukraine zu liefern, der andere fordert, die Waffenlieferungen einzustellen. So engagiert beide Briefe sind, so emotional fallen die jeweiligen Reaktionen aus. Befürworter beider Seiten werfen sich gegenseitig vor, den Krieg und das Leid in der Ukraine verlängern statt verkürzen wollen. Die einen werden als kaltblütige Kriegsverherrlicher bezeichnet, die anderen als kaltblütige Putinversteher. Doch bevor man sich bezüglich der Briefe positioniert, gilt es einen deutlichen Unterschied zu erkennen.

Wer der Ukraine mit Waffen beistehen will, um sich gegen einen brutalen, durch nichts legitimierten militärischen Überfall zu wehren, ist noch lange kein Kriegsverherrlicher. Gerade wir in der BRD sollten uns hier unserer Geschichte bewusst sein, die nur deswegen möglich wurde, weil die Alliierten sich (endlich) mit aller militärischer Macht gegen Hitlerdeutschland gewehrt haben.

Und wer Waffengewalt ablehnt und in Konzessionen an den Aggressor das geringere Übel im Vergleich zur mutwilligen Eskalation des Krieges sieht, insbesondere auch vor dem Hintergrund einer nuklearen Bedrohung, ist noch lange kein Putinversteher. Gerade wir in der BRD sollten uns hier unserer Geschichte bewusst sein, die nur deswegen möglich wurde, weil wir uns als Nation das Führen von (Angriffs-)Waffen konsequent untersagt haben.

Was Putinversteher und die Autoren des offenen Briefes kontra Waffen im Kern unterscheidet sind genau zwei Dinge:

  1. Putinversteher arbeiten mit Desinformation, zumeist aus russischer Propaganda, und folgen einer prorussischen, zumeist antiatlantischen (und wenn man genauer hinschaut oft genug antisemitischen) Agenda . Die Autoren des Briefs hingegen stehen politisch weitgehend in der Mitte und argumentieren sachlich.
  2. Putinversteher versuchen, den Krieg Russlands zu legitimieren bzw. ihn dem Westen anzulasten. Die Autoren des Briefs hingegen teilen die kategorische Ablehnung der russischen Aggression. Ihre Forderungen richten sich allein auf die politische Reaktion unserer Regierung.

Wenngleich die Äußerungen einzelner Unterzeichner außerhalb der Briefe streitbar sein mögen: Beide Briefe formulieren als solche eine jeweils legitime politische Position und sind ein völlig normales und selbstverständliches Element demokratischer Meinungsbildung. Und so selbstverständlich und emotional völlig nachvollziehbar in der aktuellen Situation der Wunsch erscheint, den Aggressor mit aller Macht einzudämmen, so selbstverständlich war die Gegenposition bis zum 23. Februar diesen Jahres unhinterfragte Mehrheitsmeinung in unserer Gesellschaft.

Und doch: wir müssen uns entscheiden. Wir können beide Positionen als legitime Meinungen respektieren, aber ihr kontradiktorischer Inhalt zwingt uns, Position zu beziehen. Wir können nur eine der beiden Positionen einnehmen, es gibt kein dazwischen, auch wenn der Kanzler unausgesetzt versucht, mit „ein bisschen Waffenlieferung“ beiden Seiten gerecht zu werden. Doch das ist weder ein Kompromiss noch eine Lösung des Paradoxons des Pazifismus, das uns in den beiden Briefen begegnet:

Heißt Pazifismus am Krieg teilzunehmen, um ihn zu bekämpfen, oder sich raus zu halten und den Krieg gewähren zu lassen?

Es ist offensichtlich, dass beides nicht geht, ja dass beides zu wollen die verheerendste Option wäre: Der Ukraine gerade so viele Waffen zu liefern, dass sie Krieg führen kann, aber gerade so wenig, dass sie ihn nicht gewinnen kann. Das aber ist zur Zeit die deutsche Politik!

Wir müssen uns also positionieren!

Pazifismus ist die Grundlage jeder Friedensordnung. Wir leben seit 70 Jahren in einem Europa, dessen Frieden auf dem Verzicht von Waffengewalt beruht. Territoriale Unverletzbarkeit und die Einhaltung von Völker- und Menschenrechten sind die Basis für unsere Friedensordnung und untrennbar mit dem Verzicht auf Waffengewalt verbunden.

Doch dieser auf Waffenverzicht beruhende Pazifismus ist nur dann möglich, wenn beide Seiten eines möglichen Konfliktes ihn teilen, zumindest ihn auch dann, wenn dennoch ein militärischer Konflikt entstehen sollte, immer noch als anzustrebendes Ziel und höchstes Gut betrachten. Wenn einer der beiden nicht an Frieden und den oben genannten Prinzipien interessiert ist, laufen Verhandlungen notwendigerweise ins Leere. Gibt man nach und „opfert“ beispielsweise Territorium um des Friedens Willen, verrät man nicht nur die Prinzipien der Friedensordnung, sondern öffnet der Erpressbarkeit Tür und Tor und ermuntert jeden Aggressor, dasselbe zu tun.

Dass es sich im Falle der russischen Aggression um genau diesen Fall handelt, dass also Putin weder verhandlungsbereit noch an Frieden interessiert ist, sondern eine revisionistische Agenda verfolgt, die der europäischen und der globalen Friedensordnung zuwiderläuft und ein großrussisches Imperium zum Ziel hat, und zwar nicht erst seit dem 23. Februar, kann nur derjenige verkennen, der entweder die vergangenen Kriege Russlands, die glasklaren Absichtserklärungen Putins und seiner Entourage und die Auslassungen Alexander Dugins und anderer Vertreter des ideologischen Backends von Putin völlig ignoriert, oder der das Narrativ der russischen Propaganda auf Basis unseres seltsamen, latent antiamerikanischen Gesellschaftskonsenses so verinnerlicht hat, dass ein Eingeständnis einer Selbstverleugnung gleich käme.

Frieden ist für Putin erst dann eine Option, wenn seine Agenda umgesetzt ist, und er disqualifiziert sich dadurch als Verhandlungspartner schon lange bevor man all die Lügen, lächerlichen Verdrehungen und zynischen Kompromissangebote einer nur halb getöteten Ukraine einbezieht. Es ist bei aller Komplexität und Wechselseitigkeit geopolitischer Konflikte und Probleme allzu offensichtlich: Wenn Putin auch nur ansatzweise an einer friedlichen Lösung interessiert wäre, hätte er erst gar nicht angegriffen. Er hätte vielleicht Panzer aufgefahren, um Druck zu machen, vielleicht sogar die Defaco-Besetzung des Donbas offen durchgesetzt, um seine Verhandlungsposition zu stärken. Aber er hätte niemals Kijyv angegriffen, er hätte niemals Butcha und Irpin abgeschlachtet, er hätte niemals Mariupol erwürgt. Und noch viel mehr: Er hätte auch den Tschetschenien-Krieg, den Georgien-Krieg, den Krieg in Syrien nicht geführt. Er hätte Aleppo und Groszny nicht zugelassen. Alles, aber wirklich alles beweist, dass Putin sich für Friedensverhandlungen nicht qualifiziert.

Und das wissen die Unterzeichner des Briefes der Emma. Sie müssen es wissen, denn sie sind intelligente, informierte, aufgeklärte und anständige Bürger. Dass sie sich dennoch aus dem Krieg heraushalten wollen, obwohl wir nicht nur durch die Waffenlieferungen, sondern viel mehr durch die klaren Androhungen Putins längst Teil des Krieges sind, dass sie dennoch glauben, es gäbe einen diplomatischen Weg, der mehr ist als jene zynische und verlogene Farce, die Putin als Teil seines hybriden Krieges abzieht, dass sie glauben, dass Putin sich ausgerechnet durch die Zurückhaltung Deutschlands davon abhalten ließe, seine alles ignorierende Agenda durchzusetzen und, falls er das je erwägt, notfalls Atomwaffen einzusetzen, kann ich mir nicht anders als durch schiere Angst vor der nuklearen Eskalation erklären.

Aus seiner eigenen Sicht ist Putin ein Kämpfer für die Gerechtigkeit und den Plan Gottes, dem im Dienste des Höheren alle Mittel erlaubt sind. Aus unserer Sicht ist er ein rational nicht erreichbarer Amokläufer. Ob er sinnlos Atomwaffen einsetzt oder nicht entzieht sich unserem Einfluss ebenso wie die Entscheidung, ob er sinnlos Nachbarländer angreift, wehrlose Menschen in Bucha abschlachtet oder ganze Städte wie Groszny, Aleppo oder Mariupol ausrottet. Wenn wir den Pazifismus und die europäische und globale Friedensordnung auch nur im Ansatz verteidigen wollen, müssen wir uns diesem Krieg mit aller Konsequenz entgegenstellen.

Ohne Angst vor einer Eskalation, denn der offene und brutale Angriff Putins auf diese Friedensordnung ist bereits die Eskalation!

2 comments

  1. Lieber Herr Grauer,

    das Lesen Ihres interessanten Textes hat mir in gewisser Weise den Verstand für neue Aspekte (auch im Hinblick auf die Bedeutung des Begriffs Pazifismus) geöffnet.

    Sie sagen, wenn wir unsere europäische Friedensordnung bewahren wollen, müssen wir uns diesem Krieg entschieden entgegenstellen. Das sehe ich genau so.

    Die Frage ist nur, in welcher Form wir uns diesem Krieg entgegenstellen. Ja, Putin, der zweifelsohne völkerrechtswidrig einen für alle Beteiligten furchtbaren militärischen Konflikt ausgelöst hat, einfach gewähren zu lassen, um dem eigenen pazifistischen Anspruch gerecht zu werden, kann nicht richtig sein. Ihm (Putin und damit auch anderen aggressiven Staatsoberhäuptern) damit letztlich zu signalisieren, dass er sich nehmen kann, was er will – das kann nicht gut ausgehen.

    Was aber wäre dann Ihre Idee? Wie könnten sich Deutschland und Europa, die USA und weitere Beteiligte sich Putin gegenüber so verhalten, dass es zu einer Lösung kommt, die einerseits unseren pazifistischen Ansprüchen gerecht wird (die wir als deutsche, europäische, amerikanische usw. Bürger ja alle letztlich haben, ob pro oder contra Waffen – kein Mensch will sinnlose tausende Tote) und andererseits Putin in klarer Weise signalisiert: so nicht! – Was sind hierzu Ihre Gedanken?

    Mein Eindruck ist, dass die Debatte pro oder contra Waffenlieferungen viel zu einseitig bzw. undifferenziert geführt wird.

    Es kann doch nur darum gehen, dass das unbestritten vollkommen sinnlose Töten von russischen und ukrainischen Soldaten und Zivilisten so schnell wie möglich beendet wird.

    Ich frage mich aber: worum geht es hier noch? Denn wenn das schnellstmögliche Beenden des sinnlosen Tötens wirklich gewollt wäre, dann würden sich, so meine ich, diplomatische Wege dafür finden. Wie auch immer diese dann ausgestaltet werden.

    Ich habe an dieser Stelle viele ungeklärte Fragen. Warum werden z.B. die berechtigten Forderungen nach diplomatischen Lösungen ausschließlich und konsequent immer nur mit der Antwort „abgespeist“, mit Putin sei nicht zu verhandeln? Er verfolge geopolitische Machtansprüche, die er, egal wie die Weltgemeinschaft mit ihm verfährt, mit aller Gewalt und in aller Kompromisslosigkeit durchsetzen wird. Die wenigsten Menschen werden bestreiten, dass Putin dieses Vorgehen verfolgt. Aber jeder, der den Umgang damit (z.B. Waffenlieferungen oder die Art der Kommunikation) kritisiert bzw. in Frage stellt, wird reflexartig zum Putinversteher gemacht und damit auch auf die Seite des Bösen gestellt. Das finde ich nicht richtig. Und ich frage mich daher, ob man Putin möglicherweise auch nur so sehen will: als den null komma null zu Gesprächen bereiten Aggressor.

    Warum wird die Vorgeschichte zu diesem Konflikt, die es zweifelsohne gibt, so konsequent ausgeblendet? Warum werden Menschen, die diese Vorgeschichte des Konflikts um die Ukraine öffentlich benennen (z.B. der Schweizer Historiker und Friedensforscher Daniele Ganser) oder als Bürger mehr darüber erfahren wollen, sofort als angebliche Verschwörungstheoretiker abgekanzelt und mit allen Mitteln aus der öffentlichen Debatte ausgeschlossen?
    Warum werden Zehntausende, die sich Frau Wagenknechts und Frau Schwarzers Friedensdemonstration in Berlin angeschlossen haben, insbesondere von den öffentlich-rechtlichen Medien pauschal als Verschwörungstheoretiker, Querdenker, Reichsbürger und Rechte „geframt“? Wurden überhaupt schon mal ernsthafte(!) diplomatische Bemühungen vorgenommen? Ich kann das nicht erkennen.

    Meinem Eindruck nach wird der Konflikt, insbesondere auch von Regierenden der westlichen Länder, durch für mein Empfinden provozierende und eskalierende „Ansagen“ gegenüber Putin geradezu geschürt. Warum? Und warum, wie Sie ja richtig geschrieben haben, „versorgt“ man die Ukraine nur mit so vielen Waffenlieferungen, dass der Krieg zwar aufrecht erhalten, nicht aber gewonnen werden kann? Was ist hier die wahre Absicht? Worum geht es wirklich? Wovor hat man hier Angst?

    Geht es hier letztlich doch nicht nur um zweifelsohne aggressive geopolitische Interessen Russlands, sondern auch um die geopolitischen Interessen der USA? Also letztlich um einen Stellvertreterkrieg bzw. geopolitische Macht- und Sicherheitsansprüche zwischen Ost und West, die sich an der Ukraine, als Grenzland zur EU, zeigen?
    Also die Ukraine als Spielball oder Prellbock zwischen Russland und den USA?

    Was hat die Pipelinesprengung damit zu tun? Wer ist dafür verantwortlich und mit welcher Absicht? Warum fliegt Herr Scholz für einen unerwarteten Kurzbesuch in die USA – unter Ausschluss der Medien und keiner erfährt, was hier besprochen wurde?
    Warum erfolgt der NATO Beitritt Finnlands ausgerechnet jetzt?
    Und schließlich die Frage: wo soll das hinführen? Wo soll das enden?

    Kann es richtig sein nun für die nächsten Jahre (5, 10, 20??) diesen Krieg in der Ukraine weiterlaufen zu lassen, wo doch jedem Menschen klar sein muss, dass ein Ende nur durch ernstgemeinte diplomatische Bemühungen am Verhandlungstisch erfolgen kann? Selbst wenn man sich in den kommenden Jahren noch und nöcher die Köpfe einschlägt, irgendwann muss eingesehen werden, dass das zu nichts führt, außer Leid und schwerer Traumatisierung, deren Folgen uns (auch als Aufnahmeland von ukrainischen Flüchtlingen) wiederum viele Jahre begleiten und beschäftigen werden. Wie sonst will man diesen Konflikt lösen? Bis auf einer Seite keine Köpfe mehr da sind, auf die man weiter einschlagen kann? Was ist die Alternative?

    Für mich ist so vieles an der Debatte um diesen Krieg nicht nachvollziehbar. Und was mich am meisten stört, ist diese aus meiner Sicht (möglicherweise politisch gewollte) elend einseitig geführte Diskussion: Waffenlieferungen, alles andere hilft nicht.

    Ihre weiterführenden Gedanken dazu würden mich interessieren.

    Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen von einer Bürgerin, die um Transparenz, Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit sehr bemüht ist und sich das auch von ihrer Regierung und den in diesem Kontext sehr machtvollen Medien wünscht…

    1. Vielen Dank für Ihren Kommentar! Ich denke, dass ich in meinem Beitrag einigermaßen differenziert den Argumenten beider Seiten Geltung verschafft habe. Das kann aber nicht heißen, zu relativieren. Mit Putin kann nicht verhandelt werden, weil er in der Vergangenheit bewiesen hat, kein verlässlicher Partner zu sein. Nicht zuletzt dadurch, dass er diesen Krieg vom Zaun gebrochen hat: Denn spätestens mit dem Überfall 2022, eigentlich aber schon mit der Annexion der Krim 2014 hat er selbst den diplomatischen Dialog konsequent aufgekündigt. Das der Ukraine oder dem Westen anzulasten ist Täter-Opfer-Umkehr.

      Dasselbe gilt für den Verweis auf die „Vorgeschichte“ des „Konfliktes“. Es handelt sich weder um einen Konflikt, sondern um einen einseitig von Russland begonnen Krieg, noch ist die Vorgeschichte, so bedeutend sie für die globale Politik auch sein mag, ein Grund oder Auslöser für diesen einseitigen Krieg. Russland wurde bei aller diplomatischen, ökonomischen und politischen Kontroverse weder angegriffen noch bedroht. Weder der Westen noch die Ukraine haben die Souveränität oder die Grenzen Russlands je in Frage gestellt oder gar verletzt. Im Gegenteil: Der Westen hat wiederholt Souveränitäts- und Grenzverletzungen von Seiten Russlands toleriert.

      Die Instrumentalisierung einer angeblichen „Vorgeschichte“ des Krieges zur Täter-Opfer-Umkehr und zur Rechtfertigung und damit Verharmlosung des russischen Angriffskrieges ist ein Produkt russischer Propaganda. Es findet sich in dieser Vorgeschichte kein einziger Umstand, der den Überfall Putins auf die Ukraine auch nur ansatzweise rechtfertigen könnte.

      Solange wir über NATO-Beitritte und ähnliches diskutieren, dient das einzig und allein der Stärkung Putins und seiner menschenverachtenden Expansionspolitik. Finnlands Beitritt zur NATO hat einen ganz einfachen, vom „Westen“ völlig unabhängigen Grund: Angst vor einem unmittelbaren Nachbarn, der seine Nachbarn überfällt und massakriert. Es ist mir unerklärlich, wie man daran auch nur die geringste Frage haben kann! Die NATO-Osterweiterung, nicht erst seit Finnland, ist ein unmittelbares Produkt der Aggression Russlands und einst der Sowjetunion, betrieben nicht vom Westen, sondern von den beitretenden Ländern, deren einschlägigen Befürchtungen sich in dem Überfall auf die Ukraine auf’s blutigste als berechtigt erwiesen haben.

      Ich habe mich eingehend mit Ganser und seinen Methoden beschäftigt, und deswegen wundert es mich nicht, dass Sie ihn nennen, wo Sie auch sein ganzes Arsenal an Populismen anführen. Sein Geschäft ist es, komplexe geopolitische Fragestellungen durch einseitige Auslassung von Fakten, durch subtile Anspielungen, durch rhetorische Fragen und brutale Simplifizierungen stets auf sein schon im Voraus feststehendes Vorurteil zu reduzieren: Die USA sind schuld! Dass er aus dem Diskurs ausgeschlossen wird, liegt nicht an seiner politischen Position, sondern an seinen Methoden, die weit jenseits von Objektivität und Wissenschaftlichkeit stehen. Es sind die Methoden eines Rattenfängers. Er Argumentiert nicht rechtschaffen, sondern er manipuliert.

      Über die Frage, wie Putin sinnvoll zu begegnen sei, kann trefflich diskutiert werden und ich habe dazu keine abschließende Meinung, geschweige denn ein Patentrezept. Aber solange die Rolle Putins und Russlands in diesem Krieg mit antiwestlichen Vorurteilen verharmlost und relativiert wird, ist jedes Gespräch darüber sinnlos, weil es von Prämissen ausgeht, die bereits Teil von Putins Kriegsführung sind. Deswegen kann ich Ihre Frage diesbezüglich auch nicht ernst nehmen, sie ist nur ein Vorwand um eben dies zu tun: Putins Krieg unter der Hand zu rechtfertigen!

Kommentar schreiben

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.