Esseme 2.0

Esseme sind klein, unscheinbar und schnell. Sie haben einen schwarzen Nacken und viele lange Arme, die sich in jede Form biegen lassen. Sie sitzen da und halten sich mit ihren Armen gegenseitig fest. Und wenn ein Essem sich bewegt, dann spürt das andere Essem dies im Arm und schüttelt sich kräftig. Das spüren die anderen Essem, die es festhalten, und so schütteln sich auch diese wieder. Und so geht das endlos weiter. Es ist ein fürchterliches Geschüttel unter den Essemen.

Doch wenn ein Mensch kommt, husch – dann sind sie fort und an ihrer Stelle sieht man nur noch einen kleinen schwarzen Schatten. Doch meist bemerken wir den Schatten nicht. Vielmehr glauben die Menschen, die leeren Stellen zwischen den Schatten seien Dinge, die man sehen und anfassen kann. In Wirklichkeit aber gibt es keine Dinge, sondern nur Esseme, die sich vor lachen schütteln, weil die Menschen sie nicht sehen.

Aber die Menschen, in ihrer groben Art und mit ihren schlechten Brillen, geben den Leerstellen, die sie für Dinge halten, einen Namen und schieben sie hierhin und dorthin und sagen dieses Ding gehört mir, das da gehört Dir, und sie wollen einfach nichts davon wissen, daß sie eigentlich nur Schattenlöcher umherschieben.

Ja, viel schlimmer noch. Sie glauben, daß es im Leben darum geht, möglichst viele Namen von Schattenlöchern zu kennen. Wenn sich ein Mensch viele viele Namen ausdenkt und sich gut merken kann, welchen Namen er welchem Schattenloch gegeben hat, dann wird er hoch geehrt und man nennt ihn „Professor“.

Aber die Esseme, die lachen dann nur ganz herzlich und fangen noch mehr an zu schütteln, so daß mancher Professor, wenn er nicht aufpaßt, vor lauter Ehre doch die Namen durcheinanderbringt. Und das freut die Esseme so, daß sie regelrecht anfangen zu tanzen. Und eh man sich’s versieht, da haben sie alles durcheinandergebracht, so daß dem Menschen recht schwindelig wird im Kopf und er gar nicht mehr weiß, wo seine Schattenlöcher alle geblieben sind. Manchmal passiert es dann, daß ein Essem dabei zu sehr herumtollt und der Mensch es für einen winzigen Moment sehen kann. Dann erschrickt er fürchterlich und wenn er einer von den Professoren ist, dann haut er sich ordentlich auf die Backe und sagt: „Na so was, ich glaube ich spinne!“.

Ja, so ist das mit den Essemen. Sie sind lustige Gesellen, die erst froh sind, wenn wir Menschen alle Namen durcheinandergebracht haben. Nur ganz wenige Menschen, die so sehr an ihre Gesundheit glauben, daß ihnen so etwas, wie dem erschrockenen Professor gar nicht im Traume einfiele, die sehen vielleicht einmal, wenn sie hurtig über die Autobahn brausen, ein Essem an sich vorbeihuschen. Denn Esseme sind ja sehr schnell. So schnell, daß man leicht glaubt, man habe es überholt, obwohl es einen selbst überholt hat! Aber das ist selten. Sehr selten!

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