Korinthen Kacken: Das Tote Meer

Man hat mich mehrfach schon darauf hingewiesen, dass das Tote Meer kein Meer sei, sondern ein See. Denn es hänge schließlich nicht am Ozean sondern sei wie andere Seen ein Binnengewässer. Auch das Kaspische Meer fällt unter dieses Verdikt.

Das häufigste Gegenargument der „Meer“-Befürworter ist der Salzgehalt der beiden genannten Gewässer. Dem widersprechen die „See“-Befürworter damit, dass die beiden keine Verbindung zum Ozean haben, so wie sich das für Meere gehört!

Ich habe in meiner Eigenschaft als ein der Sprachwissenschaft zugeneigter Mensch lange darüber nachgedacht, weil mir die See-Argumentation unmittelbar einleuchtet, ich aber quasi emotional „Meer“ für viel passender halte. Zumindest rhetorisch und metaphorisch macht „Toter See“ überhaupt nichts her!

Semantik ist Konvention und Konvention braucht keine Begründung. Also ist „See“ ebenso gut wie „Meer“ und wer sich darüber streiten will, soll das tun. Und genau das habe ich getan, und zwar mit mir selbst.

Zunächst machte ich mich (in meinem Streit mit mir selbst) über das Argument lustig, das Tote Meer habe keine Verbindung zum Ozean und sei deswegen ein See. Man schaue sich die Mehrzahl der Seen an! Was haben sie? Eine Verbindung zum Ozean! Lang, dünn, fließend – aber eine Verbindung. Der „Tote See“ aber hat genau das nicht.

Was genau zeichnet denn nun das (echte) Meer, den Ozean aus?

  1. Er enthält viel Salz
  2. Er enthält viel Salz, weil er – anders als die meisten Seen – keinen Abfluss hat. Das Wasser muss verdunsten, um ihm zu entkommen.
  3. Er hat keinen Abfluss, weil er „ganz unten“ liegt.
  4. Er ist ein zusammenhängendes Gewässer, das einen Teil der Erde bedeckt. Der übrige Teil ist Land, ggf. mit ein paar innenliegenden Gewässern.

Für die Punkte 1 und 2 ist ziemlich leicht nachzuvollziehen, dass sie auch für das das Tote Meer gelten. Bei Punkt 3 sticht sogar das Tote Meer, denn es liegt sogar gut 400 Meter tiefer als der Ozean! Doch was ist mit Punkt 4?

Stellen wir uns mal vor, wir würden das Tote Meer nach und nach etwas ausdehnen und mit ihm auch den Kontinent, der es umgibt. Gleichzeitig wird der Ozean immer kleiner. Und wir machen das so lange, bis Ozean und Totes Meer gleich viel Fläche auf der Erdkugel einnehmen. Wir haben dann eine Art Ring um die Erde (das ausgedehnte Eurasien), auf der einen Seite das Tote Meer mit ca. 35% der Erdoberfläche, auf der anderen der Ozean mit ebenfalls ca. 35% der Erdoberfläche sowie ein paar Inseln darin (Amerika, Afrika, Australien, Antarktis, Grönland, Taiwan, La Palma und ein paar andere).

Wo ist also nun der Unterschied zwischen Totem Meer und Ozean? Und was, wenn wir das Tote Meer noch weiter ausdehnen, bis der Ozean nur noch so groß ist wie das echte Tote Meer? Der geneigte Leser möge sich das möglichst konkret vorstellen! Wer ist dann der Ozean?

Der einzige Unterschied zwischen Totem Meer und Ozean ist also die schiere Größe. Ansonsten teilt es alle Eigenschaften mit dem Ozean und seinen Meeren und wird daher für mich auch fürderhin mit Fug und Recht und allen Ehren ein Meer sein. Ja viel mehr noch müsste es eigentlich ein Ozean heißen!

Über das Titelbild

Das Titelbild zeigt das Tote Meer mit den Bergen von Jordanien im Hintergrund.

Bildquellen

Titelbild: C. Grauer - Alle Rechte vorbehalten

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