Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Scholz,
in der Ukraine, einem friedlichen, demokratischen Land in Europa, sterben täglich Menschen durch den grundlosen Angriffskrieg Russlands. Dieser Angriffskrieg verletzt alle demokratischen Grundprinzipien der Friedensordnung in Europa und der freien, westlichen Welt. Die russische Aggression unter Putin richtet sich aber nicht nur gegen die Ukraine, sondern insgesamt gegen die freie, westliche Welt. Der ideologische Hintergrund, repräsentiert z.B. durch Denker wie Alexander Dugin, der sich in den jüngsten Reden Putins und anderer Vertreter des Regimes klar und deutlich artikuliert, zielt auf einen Backlash in eine vormoderne Weltordnung und eine imperialistische Machtausdehnung Russlands zumindest in den Grenzen des ehemaligen Ostblocks. Deutschland ist von dieser Bedrohung unmittelbar betroffen.
Die Ukraine kämpft derzeit mit unglaublichem Engagement gegen diese Bedrohung und schützt nicht nur sich selbst, sondern auch uns, Europa und die gesamte freie Welt vor dem brutalen, aus der Zeit gefallenen Machtanspruch Russlands. Ukrainische Soldaten und Zivilisten setzen ihr Leben für diesen Kampf ein, während Russland mit kriegsverbrecherischen Mitteln ganze Städte dem Erdboden gleich macht und hilflose Bürger in menschenverachtenden Massakern brutal tötet.
Wir haben als Deutsche die Pflicht, der Ukraine mit allen uns möglichen Mitteln beizustehen. Diese Pflicht folgt nicht nur daraus, dass unser Land indirekt ebenfalls Ziel dieser Bedrohung ist, sie folgt auch aus unserer Verantwortung als Nation für die mehrere Millionen Ukrainischen Todesopfer des Zweiten Weltkrieges und ist eine Selbstverständlichkeit für jeden freiheitlich-demokratisch, aufgeklärten und friedensorientierten Menschen.
Es ist mir daher unerklärlich, dass Sie als Bundeskanzler auch nach fast 2 Monaten Krieg noch immer zögern, der Ukraine tatkräftig zur Seite zu stehen und nach wie vor der verfehlten deutschen Russlandpolitik nachhängen, deren Konsequenzen sich jetzt vor aller Welt auf dem Rücken der Ukraine ausleben und die in der SPD auf eine umfangreiche Tradition zurück blickt, die keineswegs bei fragwürdigen Personen wie Altbundeskanzler Schröder endet. Der Schmusekurs mit Putin ist spätestens seit dem 24. Februar obsolet und moralisch nicht mehr vertretbar und es ist bezeichnend, dass Sie sich mit Ihrem Festhalten daran in den Kontext rechtsextremer und linksextremer Positionen stellen.
Ihre Weigerung, durch klare nicht-militärische Mittel wie etwa ein konsequentes Öl- und Gasembargo, aber auch durch militärischen Beistand in Form von konsequenten Waffenlieferungen, einschließlich schweren Kriegsgerätes, der Ukraine zu helfen und damit zu beweisen, dass Deutschland ein starker Partner des Friedens und der Freiheit ist, stößt nicht nur im Ausland auf Unverständnis, sondern wird auch von vielen Bürgern in Deutschland nicht mitgetragen. Dass die Ukraine dieses Verhalten missbilligt ist selbstverständlich und die Kritik, wie sie von ukrainischen Vertretern wie etwa dem Botschafter Melnyk artikuliert wird, hat mein vollstes Verständnis und meine volle Unterstützung.
Ich schäme mich als deutscher Bürger dafür, dass Deutschland durch Ihre Politik in den Verdacht gerät, insgeheim noch immer mit dem russischen Aggressor zu sympathisieren und die Ukraine in ihrem existenzbedrohenden Kampf gegen die Invasion zu verraten. Ich fordere Sie daher auf, von Ihrem Amt als Bundeskanzler zurückzutreten und es jemandem zu überlassen, der klar und entschieden auf der Seite von Frieden und Freiheit steht und in Verantwortung vor der deutschen Geschichte keine Ausreden findet, sondern handelt.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Grauer
[gesendet per Web-Formular unter https://www.bundeskanzler.de/bk-de/service/kontakt/kontakt-formular am 20.04.2022]
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