Ich bin kein großartiger Kenner des Pop und auch kein besonderer Michael Jackson Fan – was die Musik betrifft. Sein Tod bewegt mich zu einem Nachruf, weil ich ein Fan des Menschen Michael Jackson bin, weil er in einem keineswegs idealen Setting seinen Weg gegangen ist, in einsamer Konsequenz. Die Welt hat sein musikalisches Genie gewürdigt, seine Lebensweise aber letztlich verdammt oder zumindest belächelt. Er hat darum gekämpft, sich und der Welt die Kindheit wieder zurück zu holen. Wer den Star-Rummel, die fetischistisch gepflegten Schrullen, die private Sentimentalität und den exzentrischen Auftritt von Michael Jackson nicht aus irgend einer angewöhnten Konvention heraus als Abnormität, sondern wertfrei als Ausdruck seines Wesens betrachtet, der findet in diesem außergewöhnlichen Leben nicht nur einen exzellenten Musiker, sondern einen Menschen von großer Fragilität, Zartheit und Mitleidsfähigkeit. Das ist mein ganz subjektives Bild, das ich von diesem Menschen mit mir herum trage und das mich für ihn, so wenig ich ihn eigentlich kannte, eine innige Sympathie empfinden ließ. Er hat seine Schwäche zur Stärke gemacht, er hat die Härte seiner Welt mit Weichheit bekämpft, er hat sich verletzbar gemacht, um unverletzbar zu werden, er war ein taoistischer Ritter des kampflosen Kampfes. Als solcher hatte er schon immer einen stillen Platz im Tempel meiner privaten Heroen, auch wenn mein Regal, wie ich gestehe, keine einzige CD von ihm beherbergt.